Astronomie-Geschichte in Namibia

Historische Berichte über die Entwicklung der Astronomie in Namibia (1972 – 2000)

Ein großer Tag für das Heidelberger Max-Planck-lnstitut für Astronomie
Bonn warnt vor Sternwartenbau in Südwestafrika
Stellungnahme der Max-Planck-Gesellschaft
GAMSBERG – was nun? – Hans Elsässer – Max-Planck-Institut für Astronomie
Eine Leistungsstarke Amateursternwarte in Namibia (Beginn der IAS)


Ein großer Tag für das Heidelberger Max-Planck-lnstitut für Astronomie

Max-Planck-Gesellschaft

Sterne und Weltraum 4/1972 (S. 91-93)

Das Kernstück des ersten großen deutschen Spiegelteleskops von internationalem Rang, der Rohling des gläsernen Spiegelträgers, wurde am 3. März bei Schott in Mainz gegossen. Damit kommt die Erfüllung eines mehr als 60 Jahre alten Traums deutscher Astronomen einen entscheidenden Schritt voran. Wenn dieses Teleskop etwa 1980 in Betrieb geht, steht den Mitarbeitern des Max-Planck-lnstituts für Astronomie und ihren Kollegen aus der ganzen Welt ein Instrument zur Verfügung, das dem berühmten amerikanischen Mount Palomar-Teleskop ebenbürtig sein dürfte.

Schon vor 60 Jahren wollten die deutschen Astronomen gern in südlichen Ländern eine Sternwarte haben, um nicht – wie in Deutschland leider unumgänglich – die meiste Zeit des Jahres durch Wolken an ihren nächtlichen Beobachtungen gehindert zu sein. Bisher müssen deutsche Astronomen, wenn sie mit leistungsfähigen optischen Teleskopen arbeiten wollen, nach Amerika gehen oder sich auf die Theorie beschränken, in der die deutsche Astronomie nach wie vor einen guten Namen hat. Bei uns gibt es heute nur Spiegelteleskope von 1 Meter Spiegeldurchmesser und darunter.

Als Anfang der sechziger Jahre aufsehenerregende Entdeckungen der Radioastronomen der optischen Astronomie neue Impulse gaben, wollte man auch in Deutschland auf diesem traditionsreichen Forschungsgebiet nicht länger abseits stehen. Die deutschen Astronomen griffen die alten Pläne wieder auf und fanden auch in Bonner Ministerien ein offenes Ohr für ein großes deutsches Sternwarten-Projekt. Es zeigte sich. jedoch bald, dass dessen Realisierung nur innerhalb einer großen Forschungsorganisation möglich sein würde.

So nahm sich die Max-Planck-GeselIschaft des Vorhabens an und gründete 1968 das Max-Planck-lnstitut für Astronomie mit Professor Hans Elsässer als Direktor. Das neue Institut fand zunächst Unterschlupf als Untermieter der Heidelberger Landessternwarte, die zur Zeit in Personalunion gleichfalls von Professor Elsässer geleitet wird. Mit den Bauarbeiten für den neuen Institutskomplex der Max-Planck-Gesellschaft ist in der Nachbarschaft der Landessternwarte auf dem Königstuhl in Heidelberg begonnen worden. 1974 hofft man, diese Räumlichkeiten beziehen zu können. Das Institut soll dann einen Personalstand von etwa 150 Mitarbeitern erreichen. Es wird jedoch nur die Funktion eines „Mutterschiffs“ haben und der Vorbereitung der Experimente und Beobachtungen dienen, die dann in zwei eigenen Sternwarten außerhalb der Bundesrepublik durchgeführt werden. Um zu einer umfassenden Beobachtung des gesamten Himmels zu kommen, wird die eine Sternwarte auf der nördlichen Erdhalbkugel, die andere auf der südlichen Halbkugel errichtet. Für die Wahl der Standorte war und ist entscheidend, dass möglichst viele sternklare Nächte zu erwarten sind. So fand man nach sorgfältiger Auswertung von Wettersatelliten-Aufnahmen und nach Sichtuntersuchung an Ort und Stelle eine 2168 Meter hohe, besonders günstige Bergkuppe in Südostspanien, in der Sierra de los Filabres, etwa 60 km nördlich von Almeria. Hier kann man pro Jahr mit etwa 200 Nächten rechnen, während denen jeweils 6 Stunden lang astronomische Beobachtungen und Messungen möglich sind. Ein Vertrag mit der spanischen Regierung über die Errichtung und Betrieb dieser Sternwarte steht zur Zeit unmittelbar vor dem Abschluss.

Diese Nordsternwarte soll ausgestattet werden mit drei großen optischen Geräten, mit einem 1,2-Meter-Teleskop der Deutschen Forschungsgemeinschaft, mit dem Schmidt-Spiegel der Sternwarte Harnburg-Bergedorf und mit einem 2,2-Meter-Teleskop, das zur Zeit bei der Firma Zeiss in Oberkochen im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft gebaut wird und 1973 ausgeliefert werden soll. Möglicherweise findet hier auch das große 3,5-Meter-Teleskop Aufstellung. Man würde damit jedoch lieber auf die Südhalbkugel gehen, von wo aus es noch mehr zu erforschen gibt. Alle großen Teleskope sind bisher auf den nördlichen Sternhimmel gerichtet. Außerdem erhält die Südsternwarte gleichfalls ein 2,2-Meter-Teleskop. Es ist optisch mit dem für die Nordsternwarte identisch.

Abb. 1: Der 2350 Meter hohe Gamsberg, etwa 120 km südwestlich von Windhoek am Rande der Namib-Wüste gelegen, auf dem vom Max-Planck-Institut für Astronomie zur Zeit Sichtuntersuchungen durchgeführt werden.
 

Offen ist bisher noch die Frage, wohin die Südsternwarte des Heidelberger Max-Planck-lnstituts kommen soll. Es bieten sich dafür zwei Standorte an, einer in Chile im Vorgebirge der Anden, der andere in Südwestafrika. Beide sind klimatisch besonders begünstigt durch kalte Meeresströmungen, die vor der Küste von Südamerika beziehungsweise Südwestafrika in Richtung Äquator fließen. Sie lassen die von Westen kommenden Winde schon auf dem Meer abregnen, so dass sie mit dem Auftreffen auf das Land sehr trocken sind. Der Standort in Chile läge in den südlichen Ausläufern der Atacama-Wüste, etwa 500 km nördlich von Santiago de Chile, in der Nähe des Standortes für die europäische Südsternwarte (ESO) und mehrerer Südsternwartenprojekte der USA. Hier sind 219 klare Nächte pro Jahr zu erwarten. Der Standort in Südwestafrika wäre der 2350 Meter hohe Gamsberg, der 120 km südwestlich von Windhoek am Rande der Namib-Wüste liegt. Hier werden zur Zeit Sichtbeobachtungen durchgeführt, die eine wichtige Grundlage für die endgültige Standort-Entscheidung bilden sollen. Die seitherigen Beobachtungsergebnisse deuten an, dass hier die Zahl der klaren Nächte sicher nicht geringer sein wird als in Chile. Für diesen Standpunkt sprechen nicht zuletzt die wesentlich günstigeren Verkehrsverbindungen von Deutschland aus und die Überlegung, dass nicht alle großen Teleskope für die Südhalbkugel in einem eng begrenzten Raum mit gleichen Wetterbedingungen konzentriert sein sollten. Bei größerer räumlicher Trennung könnten sie sich wissenschaftlich viel besser ergänzen. Die Schlechtwetterperioden liegen in Chile zwischen Mai und August, in Südwestafrika dagegen zwischen November und März.

Über den Bau des 3,5-Meter-Teleskops hat die Max-Planck-Gesellschaft im August vergangenen Jahres einen Rahmenvertrag mit der Firma Carl Zeiss in Oberkochen geschlossen. Wenn der jetzt bei der Jenaer Glaswerk Schott & Gen. gegossene Spiegelrohling in einigen Monaten abgekühlt ist, wird er in Oberkochen geschliffen und weiter bearbeitet. Als Gesamtbauzeit für das große Spiegelteleskop muss man mit sechs bis acht Jahren rechnen, so dass die ersten Beobachtungen etwa 1980 möglich sein sollten. Bis dahin dürfte es auf der Welt etwa acht Teleskope dieser Größe und dieses Ranges geben.

In diesen weltweiten Anstrengungen zum Bau neuer großer Teleskope spiegelt sich die erstaunliche Entwicklung der Astronomie der letzten Jahre. Die Weltraumforschung mit Raketen, Satelliten und großen Radioteleskopen – auch diese Forschungsrichtungen werden von der Max-Planck-Gesellschaft in verschiedenen großen Instituten verfolgt – haben die optische Astronomie keineswegs überflüssig gemacht. Vielmehr wurde sie dadurch aufgewertet und befindet sich heute in einer sehr aufregenden Phase. Die neu entdeckten kosmischen Objekte wie Pulsare, Quasare und Radiogalaxien bedürfen ergänzender Beobachtungen und Untersuchungen im optischen Wellenbereich. Astronomisches Beobachten besteht ja heute nicht mehr im simplen photographieren des Himmels, sondern verlangt sehr detaillierte Spektralanalysen von bestimmten kosmischen Objekten.

Ein großes Spiegelteleskop ist zunächst nur, um mit den Worten von Professor Elsässer zu sprechen, ein großer „Korb“, in dem möglichst viele Lichtteilchen – sogenannte Lichtquanten – gesammelt werden. Die muss man dann auf vielfältige Weise untersuchen und analysieren. Diese Auswertetechniken sind für den wissenschaftlichen Erfolg genau so wichtig, wie die Größe des Spiegels. Darum wird das große Spiegelteleskop des Heidelberger Max-Planck-lnstituts in seinen Beobachtungsmöglichkeiten keineswegs dem berühmten Mount Palomar-Teleskop nachstehen, obgleich dieses einen 5-Meter-Spiegel hat. Ein entscheidender Vorteil ist dabei auch das neue glaskeramische Material, aus dem der Spiegelträger gegossen wird.

Natürlich wollen die Max-Planck-Wissenschaftler an diesen Instrumenten auch Kollegen von außerhalb im großen Stil arbeiten lassen. Die beiden neuen Sternwarten sollen einmal Zentren internationaler Forschung werden, ähnlich wie das Mount Palomar-Observatorium seit Jahrzehnten den Astronomen der ganzen Welt mit seinen Beobachtungsergebnissen weitergeholfen hat.


Bonn warnt vor Sternwartenbau in Südwestafrika

Jochen M. Raffelberg

Sterne und Weltraum 4/1972 (S. 93)

Bonn, 9. März (Reuter) – Die Bundesregierung hat der Max-Planck-Gesellschaft aus politischen Gründen mit der Streichung von Finanzmitteln für den Fall gedroht, dass diese Forschungsinstitution in der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika das Projekt einer Großsternwarte verwirklichen sollte. Die Max-Planck-Gesellschaft untersucht gegenwärtig noch die wissenschaftlichen Voraussetzungen für den Standort des Observatoriums.

Ein Sprecher der von Bund und Ländern getragenen Einrichtung teilte jedoch mit, dass die Bedingungen in dem von den Vereinten Nationen als Namibia bezeichneten Territorium „außerordentlich“ gut seien. Ein Gelände in der Nähe der südwestafrikanischen Verwaltungshauptstadt Windhuk sei bereits in den Besitz der Max-Planck-Gesellschaft übergegangen, fügte der Sprecher hinzu.

Wie der Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Hans-Hilger Haunschild, am Donnerstag auf Anfrage in Bonn bekannt gab, hat der scheidende Wissenschaftsminister Hans Leussink bereits im vergangenen Jahr an die Leitung der Max-Planck-Gesellschaft geschrieben und gebeten, neben Namibia auch andere mögliche Standorte wie Chile, Argentinien und Australien für das Observatorium in Betracht zu ziehen.

Haunschild erklärte, die Gesellschaft habe zu erkennen gegeben, dass sie sich „der Problematik der Angelegenheit“ im klaren sei. Wenn sich die Max-Planck-Gesellschaft trotzdem, aus welchen Gründen immer, für Namibia entscheiden sollte, könnten die Geldgeber „durchaus“ die Finanzmittel für „einzelne Projekte streichen“, sagte Haunschild.

Die der Einrichtung in diesem Jahr von Bund und Ländern bewilligten Zuschüsse betragen den Angaben des Staatssekretärs zufolge rund 300 Millionen Mark.

Schon bei einer früheren Gelegenheit hatte Haunschild erklärt, dass bei „Konflikten zwischen Regierungen und Wissenschaftsorganisationen“ in der Frage internationaler Zusammenarbeit der politische Standpunkt „stets ausschlaggebend“ sein müsse. „Wissenschaftsorganisationen sollten bei ihren Internationalen Beziehungen daher nur in Übereinstimmung mit ihrer Regierung vorgehen“, fügte der Staatssekretär vor der Konferenz Westeuropäischer Forschungsräte in Aarhus (Dänemark) hinzu.

Das Bundeswissenschaftsministerium könne sich im Falle eines widersprüchlichen Verhaltens der Max-Planck-Gesellschaft auch gezwungen sehen, gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt zu handeln. Die Bundesregierung, so unterstrich Haunschild, wolle sich an entsprechende Resolutionen der Vereinten Nationen halten, in denen geraten wird, von Investitionen in Südafrika Abstand zu nehmen.

Der Staatssekretär wies darauf hin, dass eine „vielleicht schon bald auf die Bundesrepublik zukommende Mitgliedschaft in der Weltorganisation nicht so begonnen werden sollte“, Eine Entscheidung der Max-Planck-Gesellschaft über die Standortfrage sei in diesem Jahr jedoch nicht mehr zu erwarten, sagte Haunschild.

Auf dem „Gamsberg“ wird die Sicht geprüft

Nach Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft (Sitz München) sind dem 1967 gegründeten Max-Planck-lnstitut für Optische Astronomie (Heidelberg) zwei Beobachtungsstationen angegliedert, von denen eine auf der Nordhalbkugel, die andere auf der Südhalbkugel stehen soll.

Die Sternwarte der Nordhalbkugel wird bei Almeria in Spanien errichtet werden. Die Unterzeichnung eines Staatsvertrages sowie eines Regierungsabkommens hierüber steht nach Angaben der Gesellschaft bevor. Als Investitionsvolumen für Almeria wurde eine Summe um 50 Millionen Mark genannt.

Für den Standort der Sternwarte auf der Südhalbkugel bieten sich Namibia, Chile, Argentinien und Australien an. Überall werden zur Zeit Sichtuntersuchungen durchgeführt. Ein Sprecher der Max-Planck-Gesellschaft sprach sich jedoch für Namibia aus.

Zur Begründung führte er an, dass vor allem die wissenschaftlichen Voraussetzungen für den Standort Namibia „außerordentlich“ gut seien. Für Namibia sprechen nach Ansicht der Einrichtung auch der kürzere Reiseweg von Europa und „geringe Erschließungskosten“.

Die Gesellschaft hat eigenen Angaben zufolge in der Nähe von Windhuk bereits ein „zig Hektar“ großes Grundstück gekauft, auf dem Sichtuntersuchungen durchgeführt werden. Das Gelände heißt „Gamsberg“.

Auch der Sprecher der Max-Planck-Gesellschaft betonte, dass eine Standortentscheidung noch nicht getroffen worden sei. Die Investitionskosten für das Südhalbkugel-Observatorium sollen etwas niedriger sein als die für das AImeria-Projekt.

Zur Arbeitsausrüstung der beiden Observatorien gehören vier neue Spiegel-Teleskope. Das kleinste von ihnen hat eine Öffnung von 1,23 m, das größte soll eine Öffnung von 3.50 m haben. Die Kosten für dieses, eines der leistungsstärksten erdgebundenen optischen Geräte überhaupt, werden von Fachleuten auf 30 Millionen Mark geschätzt. Seine Bauzeit wird etwa acht Jahre betragen. Das 170 t schwere Teleskop (Gewicht des Rohlings: 13.5 t) soll wahrscheinlich auf der Südhalbkugel eingesetzt werden.


Stellungnahme der Max-Planck-Gesellschaft

Sterne und Weltraum 4/1972 (S. 93-94)

Unter der Oberschrift „Bonn warnt vor Sternwartenbau in Südwestafrika“ hat die Nachrichtenagentur Reuter am 9. März einen Bericht über die Sternwartenprojekte der Max-Planck-Gesellschaft veröffentlicht, der einer Ergänzung bedarf. Die Max-Planck-Gesellschaft erklärt dazu:

Die Gründung des Max-Planck-lnstituts für Astronomie erfolgte 1968 auf Empfehlung des Wissenschaftsrats mit dem Ziel, die Arbeitsmöglichkeiten der deutschen Astronomen insgesamt zu verbessern. Der Aufbau des Instituts geschieht abschnittsweise mit Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft. Neben dem Stamminstitut in Heidelberg wird zunächst eine Sternwarte in Spanien errichtet. Sie erhält zwei Teleskope, eins von 1,2 Meter Öffnung, das andere mit einem 2,2-Meter-Spiegel. Die Frage des Standorts für das große, bereits in Auftrag gegebene 3,5-Meter-Teleskop wird zur Zeit geprüft. Es ist offen, ob es auch in die spanische Sternwarte oder auf die Südhalbkugel kommt. Diese Entscheidung soll in Abstimmung mit anderen europäischen Teleskop-Projekten erfolgen. Darüber wird zur Zeit beraten.

Sollte die Entscheidung über die Aufstellung dieses Teleskops für die Südhalbkugel fallen, würden aus wissenschaftlicher Sicht mehrere Standorte in Frage kommen. Dabei spielen die Sichtmöglichkeiten eine ausschlaggebende Rolle. Vergleichende Beobachtungen werden zur Zeit in Chile und Südwestafrika durchgeführt. Der Ankauf eines größeren Geländes in Südwestafrika dient in erster Linie der Durchführung dieser Untersuchungen. Der Kaufpreis für dieses Wüstenstück betrug seinerzeit etwa 12.000 DM. Ein Vergleich der bisherigen Ergebnisse dieser noch nicht abgeschlossenen Sichtuntersuchungen lässt erkennen, dass die Beobachtungsmöglichkeiten am Standort in Südafrika gleich gut wenn nicht besser als in Chile sind.

Es besteht völlige Obereinstimmung zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft und der Max- Planck-Gesellschaft darüber, dass bei der endgültig zu treffenden Standortentscheidung, an der im Senat der Max-Planck-Gesellschaft auch Vertreter der Bundesregierung mitwirken, politische Gegebenheiten voll zu berücksichtigen sein werden.


GAMSBERG – was nun?

Hans Elsässer – Max-Planck-Institut für Astronomie
Sterne und Weltraum 39 [2-3/2000] (S. 121ff)

Der Tafelberg in Namibia gehört zu den für Astronomie am besten geeigneten Plätzen auf der südlichen Hemisphäre. Hier folgt ein Bericht über die neueren Bemühungen um seine Nutzung als Standort eines internationalen Observatoriums.

Im Juni 1996 erhielt ich aus Pretoria von Dr. Khoto Mokhele, dem neuen Präsidenten der südafrikanischen Foundation for Research and Development (FRD), einen Brief des Inhalts, seine Regierung habe beschlossen, sich an der Realisierung des gemeinsam projektierten „Internationalen Gamsberg-Observatoriums“ (Igo) nicht zu beteiligen. Sie wolle vielmehr ihre begrenzten Mittel auf die Förderung von Wissenschaft und Forschung im eigenen Land konzentrieren; für die Astronomie bedeute das, an dem Standort Sutherland festzuhalten und dessen vorhandene Infrastruktur zu nutzen.

Südafrikanische Pläne

Eine neue leistungsfähige Sternwarte als gemeinsame Anstrengung Südafrikas, Namibias und Deutschlands kam 1992/93 ins Gespräch, nachdem in der Republik Südafrika der Entschluss gefasst war, entscheidende Schritte zugunsten der optischen Astronomie zu unternehmen. Als einziges aktives Zentrum im südlichen Afrika genoss das nationale Observatorium in Kapstadt mit seiner Beobachtungsstation in Sutherland zwar nach wie vor einen weltweit guten Ruf, seine instrumentelle Ausstattung war aber seit langem nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Das ist auch ein Grund dafür, warum die Astronomie Afrikas im Vergleich zu Australien und Südamerika merklich zurückliegt. Schon seit Jahren waren die südafrikanischen Kollegen mit der Planung eines Teleskops der 4-m-Klasse beschäftigt und hatten dazu umfangreiche, ins Detail gehende Studien erarbeitet. Sie dachten an ein Instrument ähnlich dem „New Technology Telescope“ (NTT) der Europäischen Südsternwarte (Eso) in Chile. Jetzt ging es um die Verwirklichung dieser Pläne.

Der Gamsberg kam als eventueller Aufstellungsort ins Spiel, da Dr. Michael Feast, der damalige Direktor am Kap, offenbar Vorbehalte gegen Sutherland hatte und nach einem besseren Platz suchte. Ich kannte ihn schon seit vielen Jahren und hatte ihm von den herausragenden Qualitäten des Gamsbergs erzählt, und auch davon, dass das Plateau des Berges von der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) angekauft worden war. Nach einer Ortsbesichtigung im April 1991, gemeinsam mit dem englischen Astronomer Royal Graham Smith, schlug Feast mir vor, in Kontakt mit der FRD, der für die Grundlagenforschung Südafrikas, und damit auch für die Astronomie zuständigen staatlichen Organisation, auszuloten, ob eine gemeinsame Gamsberg-Sternwarte auf den Weg gebracht werden könnte.

Der erste Anlauf

Bei der Gründung des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) Ende der sechziger Jahre waren neben der Zentrale in Heidelberg zwei Observatorien, das eine auf der Nord-, das andere auf der Südhalbkugel vorgesehen. Die Sternwarte für den nördlichen Himmel ist als Deutsch-Spanisches Astronomisches Zentrum auf dem Calar Alto in Andalusien entstanden. Heute arbeiten dort fünf Teleskope mit Öffnungen bis zu 3.5 Metern. Für die Sternwarte auf der Südhalbkugel dachten wir an das südwestliche Afrika, wo die klimatischen Bedingungen im Bereich der subtropischen Hochdruckgürtel zwischen 20 und 40 Grad südlicher Breite besonders günstig sind. Als idealer Platz stellte sich der 2350m hohe Gamsberg heraus, ein Tafelberg mit einem 2.5km langen und bis zu 800m breiten Plateau. Er liegt 120km südwestlich von Windhoek oberhalb der Namibwüste. Dort wurde 1970 eine Station für Testmessungen errichtet, deren Resultate unsere Erwartungen übertrafen. Die Jahreskurve der Bewölkung verläuft komplementär zu derjenigen der chilenischen Eso-Region: Die langen Winternächte von April bis Oktober sind besonders wolkenarm, die jährliche Zahl photometrischer Nächte ist mit ca. 230 fast identisch mit der in Chile. Die extreme Reinheit der Atmosphäre ist nicht nur durch Extinktionsmessungen belegt, sondern auch durch die Erfahrung, dass vom Gamsberg aus die mehr als 100km entfernten Berge bei Windhoek häufig zu sehen sind. Der Nachthimmel ist angesichts der extrem dünn besiedelten Umgebung völlig frei von künstlichem Licht. Seeing-Messungen, an beiden Orten mit denselben Methoden, ergaben für den Gamsberg Werte, die denen von La Silla, dem Eso-Berg, mindestens gleichkommen. Unter dem Eindruck dieser günstigen Daten konnten wir dann alsbald die Hochebene des Gamsbergs, die landwirtschaftlich kaum zu nutzen ist, von dem bisherigen Besitzer, einem Farmer der Umgebung, zu einem günstigen Preis für die MPG erwerben. Dadurch wollten wir auch zu befürchtenden Spekulationen nach Bekanntwerden unserer Pläne zuvorkommen. Ein gewichtiges Handikap des Gamsbergs sei nicht verschwiegen: der schwierige Zugang zum Plateau. Den Fuß des Berges kann man von Windhoek aus in zwei bis drei Stunden über eine der Hauptstraßen des Landes bequem erreichen. Die Hohe zu erklimmen ist weniger leicht. Im ersten Jahr der Testmessungen hat das Dr. Thorsten Neckel viele Male zu Fuß geleistet. Um oben eine kleine Beobachtungsstation mit einem 50-cm-Teleskop und einigen Baracken errichten zu können, ist dann eine schmale, serpentinenreiche „Pad“ angelegt worden, die nur mit geländegängigen Fahrzeugen und nicht ohne ein gewisses Risiko zu bewältigen ist. Das konnte nur eine vorläufige Lösung sein. Obwohl der Gamsberg gewiss einer der wenigen exzellenten Plätze ist, die es heute weltweit noch gibt, konnte die geplante Sternwarte nicht verwirklicht werden. Die Politik hat es verhindert, insbesondere der Einspruch der Bundesregierung, die deutsche Investitionen im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika im Hinblick auf einschlägige UN-Resolutionen unterbinden wollte. Nach der späteren Gründung Namibias als autonomer Staat waren dann die Chancen für eine deutsche Sternwarte auf dem Gamsberg wegen fehlender Mittel dahin. Das zu jenem Zeitpunkt für den Gamsberg gedachte und bereits fertiggestellte 2.2-m-Teleskop, ein Duplikat des 2.2 auf dem Calar Alto, ging schließlich als Leihgabe zur Eso nach La Silla und tut dort seit 1980 gute Dienste. Die Einzelheiten dieser politischen Querelen, wie auch eine ausführlichere Darstellung der Gamsbergaktivitäten des MPIA, sind meinem 1985 bei der DVA erschienenen Buch „Weltall im Wandel. Die neue Astronomie“ auf den Seiten 275 ff. zu entnehmen.

Das Projekt IGO

Die ersten Treffen im Oktober 1992 mit der FRD in Pretoria und den Kollegen in Kapstadt verliefen vielversprechend; Chancen für eine neue Entwicklung auf dem Gamsberg zeichneten sich ab. Vor allem der damalige FRD-Präsident, Dr. Reinhard Arndt, ließ starkes Interesse an einer internationalen Zusammenarbeit erkennen, nicht allein weil damit die Aussicht bestand, die beträchtlichen Kosten einer modernen Sternwarte auf mehrere Schultern zu verteilen. Ein anderes, ihm nicht weniger wichtiges Motiv schien mir zu sein, durch verstärkte internationale Kontakte der damaligen politischen Isolation Südafrikas entgegenzuwirken. Im Jahr darauf folgte er unserer Einladung auf den Calar Alto, um sich von den Anlagen und dem Betrieb eines modernen Observatoriums ein eigenes Bild zu machen. Das Streben nach politischer Öffnung war wohl mit ein Grund, warum Dr. Arndt mich bat, auf dem UN/ESA-Workshop über „Basic Space Science in Africa“, der 1993 in Lagos stattfand, das Projekt eines internationalen Observatoriums auf dem Gamsberg vorzustellen und andere afrikanische Staaten zur Mitwirkung zu ermuntern.

Selbstverständlich war es besonders wichtig, Namibia mit ins Boot zu holen. Dafür war die namibische Botschafterin in Bonn, Frau Nora Schimming-Chase, eine große Hilfe. Von einem Besuch des Calar Alto wusste sie, um was es ging. Bei sich zuhause hat sie für das Vorhaben geworben und einen Beschluss ihrer Regierung veranlasst, der die neue Gamsberginitiative ausdrücklich begrüßte und jede mögliche Unterstützung zusagte. Für Namibia war die mit einer solchen Einrichtung verbundene internationale Ausstrahlung verlockend. Man versprach sich auch neue interessante Arbeitsplätze für Landeskinder. Das Physik-Department der Universität Windhoek hoffte auf gemeinsame Programme, bei denen seine Studenten High-Tech-Methoden erlernen könnten.

Die Details des Projekts IGO wurden von einer Arbeitsgruppe entworfen, deren Mitglieder für Südafrika der FRD-Vizepräsident, Dr. Gerhard von Gruenewaldt, und der jetzige Direktor der Kapsternwarte, Dr. Bob Stobie, für Namibia Prof. Detlof von Oertzen von der Universität Windhoek, und für das MPIA der Direktor der Calar-Alto-Sternwarte, Dr. Kurt Birkle, und der frühere Institutsbetreuer und Leiter der Rechtsabteilung der MPG, Dr. Günter Preiß, waren. Sie trafen sich 1994 und 1995 mehrmals in Heidelberg, in Windhoek und auf dem Calar Alto. Es ging nicht nur um die Planung der gesamten Anlage, sondern auch um die Kosten, die Organisationsform und, nicht zuletzt, um einen Qualitätsvergleich von Gamsberg und Sutherland.

Das Hauptinstrument sollte entsprechend den Vorstellungen der Kap-Astronomen ein Teleskop der 4-m-Klasse sein. Bei den Kosten war ein nicht zu vernachlässigender Teil für die Infrastruktur vorzusehen. Nach einer schon früher vom MPIA bei der Firma H. Seelenbinder, Windhoek in Auftrag gegebenen Studie musste für eine gut ausgebaute Straße zum Plateau, sowie die Elektrizitäts- und Wasserversorgung mit rund 10 Millionen DM gerechnet werden. Der Betrieb des IGO sollte im wesentlichen in südafrikanischen Händen liegen, wie auch der überwiegende Teil der Beobachtungszeit. Für uns vom MPIA stand nicht im Vordergrund, neue Beobachtungsmöglichkeiten am Südhimmel zu erschließen. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Deutschland als Mitglied der Eso in Chile bereits mit potentem Instrumentarium Zugang zum Südhimmel hat. Das vorrangige Ziel war vielmehr, den Gamsberg der wissenschaftlichen Nutzung zu öffnen. In meinem Vortrag in Lagos vertrat ich das Konzept eines Wissenschaftsparks, da der Gamsberg nicht allein für die Astronomie attraktiv sei, sondern auch für andere Disziplinen, die auf einen ungestörten Höhenstandort, reine Atmosphäre etc. angewiesen sind. Die deutsche Seite wollte beim Igo vor allem zu den Investitionen beitragen. In dieser Hinsicht war Dr. Horst Skoludek, der frühere Vorstandssprecher von C. Zeiss Oberkochen, ein ganz wichtiger Mitstreiter. Aufgrund seiner vielfältigen Kontakte zu Wirtschaft und Finanzwelt sah er Chancen, Sponsorengelder, inländische wie ausländische, einzuwerben und fand sich bei vielen Vorgesprächen darin bestätigt. Namibia konnte als klassisches Entwicklungsland auf vielerlei internationale Unterstützung hoffen. Die Bundesregierung befürwortete Ende 1995 das Igo-Projekt im direkten Kontakt mit der Regierung in Pretoria, zu diesem Zeitpunkt allerdings ohne finanzielle Zusagen, wollte das jedoch für die Zukunft nicht ausschließen. Seitens Namibias erhofften wir uns Mitwirkung bei den Erschließungs- und Infrastrukturmaßnahmen.

Der Abschlussbericht der IGO-Arbeitsgruppe lag in seiner endgültigen Form im April 1996 vor. Ein umfangreicher Teil waren die im wesentlichen von Dr. Preiß erarbeiteten Entwürfe für die erforderlichen rechtlichen Vereinbarungen, ohne die ein solches komplexes Gebilde weder geschaffen noch am Leben erhalten werden kann. Teilweise waren sie in Anlehnung an die deutsch-spanischen Verträge für den Calar Alto formuliert.

Die wichtigste Aussage war die Empfehlung, das Projekt auf dem Gamsberg zu realisieren, dessen überlegene Qualität als Standort für eine Sternwarte auch von den Südafrikanern anerkannt wurde. Vermutlich spielte dabei Folgendes mit: Schon bei unseren ersten Diskussionen hatten sie mir als ihr Fernziel ein 8-m-Teleskop angedeutet, das man aber nicht in Sutherland aufstellen wolle. Deshalb sei es ratsam, nicht erst dann einen neuen Platz ins Auge zu fassen.

Die Zukunft?

Die eingangs erwähnte brüske Absage aus Pretoria wirkte wie eine kalte Dusche und löste bei den deutschen und namibischen Partnern nicht geringe Verärgerung aus – auch deshalb, weil die südafrikanischen Regierungsstellen von Anfang an über die Intentionen zugunsten des Gamsbergs informiert waren. Die Gründe für den plötzlichen Meinungsumschwung konnten wir nur erahnen. Ein Faktor war gewiss das altersbedingte Ausscheiden von Dr. Arndt als FRD-Präsident und wichtiger Promoter der internationalen Kooperation. Auch mag der inzwischen erfolgte Wechsel des Regimes mit dem Ende der Apartheid und neuen politischen Prioritäten eine Rolle gespielt haben. Eine Chance für die Astronomie des südlichen Afrikas und die Entwicklung Namibias ist so jedenfalls erneut vertan worden. Was nun? Auch wenn gegenwärtig keine konkreten Vorhaben anstehen, wird das Gamsbergplateau weiterhin im Besitz der MPG bleiben. Es könnte in der Zukunft für die Wissenschaft noch von großem Wert sein. In der Vergangenheit sind immer wieder Wünsche laut geworden, dort oben Mess-Stationen zu errichten, für atmosphärische Untersuchungen, zur Registrierung hochenergetischer kosmischer Strahlung und anderes. Die neuerdings gegründete „Spaceguard Foundation“ mit Sitz in Frascati hat die Absicht geäußert, vom Gamsberg aus den südlichen Himmel nach bisher unbekannten Asteroiden zu durchmustern, die der Erde gefährlich nahe kommen könnten. Aber auch damit scheint es nichts zu werden. Der schwierige Zugang zum Plateau wirkt abschreckend.

Vor kurzem ist auf Initiative engagierter deutscher Amateurastronomen ein Verein gegründet worden, der auf der Farm Hakos am Fuß des Gamsbergs eine Beobachtungsstation errichten will. Die begehrlichen Blicke gelten aber auch der fast 1000 Meter höher gelegenen Tafelebene. Näheres dazu in einem der nächsten Hefte.


Dieser Artikel wurde auch veröffentlicht in:
Mitteilungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft Namibia 41 [10-12/2000] S. 18ff


Eine Leistungsstarke Amateursternwarte in Namibia

Von Karl-Ludwig Bath, Reinhart Claus, Jens Lüdemann, Andreas Masche und Thorsten Neckel

Sterne und Weltraum 39 [4/2000] (S. 182ff)

Alljährlich reisen Liebhaberastronomen zur Beobachtung des südlichen Sternhimmels nach Namibia. Doch der Transport von Teleskopen und Zubehör ist teuer und beschwerlich. Deshalb möchte der Verein „Internationale Amateursternwarte“ in Namibia eine Sternwarte mit leistungsstarken Teleskopen errichten.

Meistens sind die Nächte in Namibia wolkenlos. Fast nirgends im Land gibt es Anzeichen von Lichtverschmutzung. Zu nächtlicher Stunde aufgenommene Satellitenbilder der Erde zeigen keine Anzeichen künstlicher Lichtquellen. Derart optimale Bedingungen für astronomische Beobachtungen sind nur noch an wenigen Stellen auf der Erde zu finden.

Astronomen können in Namibia die Pracht des südlichen Sternhimmels in vollen Zügen erleben: Die hellsten Sternwolken der Milchstraße wandern über den Zenit und allnächtlich sind die Magellanschen Wolken mit bloßem Auge zu sehen. Mit einem Fernrohr sind zahllose Juwelen des südlichen Sternhimmels zu entdecken: Omega Centauri, der großartigste aller Kugelsternhaufen, der Eta-Carinae-Nebel, der Tarantelnebel und vieles mehr.

So ist es nicht verwunderlich, dass Namibia seit Jahrzehnten das Ziel der Astronomen ist. Cuno Hoffmeister, Gründer der Sternwarte Sonneberg, war der erste Astronom, der in Namibia, der damaligen deutschen Kolonie Südwestafrika, die Wunder des südlichen Sternhimmels erforschte.

Im April 1999 gründeten Amateurastronomen den Verein „Internationale Amateursternwarte“ (IAS). Sie haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Die Errichtung einer Amateursternwarte in Namibia, die allen interessierten Liebhaberastronomen Beobachtungsmöglichkeiten bieten soll, wie sie für einen einzelnen nicht realisierbar sind. Die Mitglieder des Vereins sollen ohne eigenes Teleskop und damit ohne schweres Fluggepäck und ohne großen zusätzlichen finanziellen Aufwand nach Namibia reisen können, um dort zu beobachten – visuell, photographisch, oder mit CCD-Kamera.

Der Verein wurde am 13. November 1999 in das Vereinsregister eingetragen und sechs Wochen später als gemeinnützig anerkannt. Die Autoren dieses Beitrags wurden bei der Vereinsgründung zu seinem Vorstand gewählt.

Der Standort der Sternwarte

Geringe Bewölkung und fehlende Lichtverschmutzung sind nicht die einzigen Qualitäten, die ein Standort für eine Sternwarte aufweisen muss. So erwies sich der etwa 1600m hohe Brukaros im Süden Namibias als untauglich. Astronomen des Smithsonian-Instituts (USA) hatten hier in den 30er Jahren eine Station für Sonnenbeobachtungen betrieben. Häufige Sandstürme trübten den Himmel und die Station musste bald wieder aufgegeben werden.


Abb. 1: Blick vom Farmhaus Hakos. Auf dem Hügel im Vordergrund, wo sich jetzt noch ehemalige Stallungen befinden, können Teleskope der IAS aufgestellt werden. Im Hintergrund der Gamsberg.
 

Ideale astronomische Bedingungen herrschen in den Hakosbergen. Dies ist ein Gebirgszug, der in etwa 150km Entfernung zur Atlantikküste das südwestafrikanische, durchweg 1500-1800m hoch gelegene Hochland nach Westen begrenzt. Er weist mehrere Gipfel mit mehr als 2000m Höhe über N.N. auf, der höchste Gipfel ist der 2347m hohe Gamsberg.

Westlich der Hakosberge fällt das Land stetig zur Küste hin ab. Der Gamsberg war ursprünglich als Standort einer Südsternwarte des Max-Planck-Institutes für Astronomie in Betracht gezogen worden (s. Hans Elsässer: „Gamsberg, was nun?“, SuW 39, 121 [2-3/2000]).

Meteorologische Messungen und photometrische Beobachtungen mit einem 50-cm-Teleskop, die in den vergangenen 30 Jahren gewonnen wurden, zeigen, dass der Gamsberg aus astronomischer Sicht ein idealer Standort ist: Im Durchschnitt kann man hier mit etwa 220 wolkenlosen Nächten in einem Jahr rechnen. Die Schwächung des Sternenlichtes durch Verunreinigungen der Atmosphäre beträgt selten mehr als 5%, oft weniger als 2%. Das Seeing schwankt um eine Bogensekunde, ist also genauso gut wie in La Silla, einem der beiden Standorte der Europäischen Südsternwarte in Chile. Nur auf dem Paranal, dem Standort des Very Large Telescope, wurden noch etwas bessere Werte gemessen. Damit ist klar: Der Gamsberg ist, astronomisch gesehen, einer der besten Beobachtungsplätze der Welt!

Der Gamsberg würde sich demnach in idealer Weise als Standort der geplanten IAS-Sternwarte eignen. Doch gegenwärtig ist er nur auf einer sehr steilen provisorischen Straße zu erreichen, auf der Baumaterial nur in kleinen Portionen hochgeschafft werden kann. Bau und Betrieb einer Sternwarte auf dem Gamsberg würden daher wesentlich höhere finanzielle Mittel erfordern, als ein gut erreichbarer Standort in seiner unmittelbaren Nähe.

Hierfür bietet sich die Gästefarm Hakos an, die bis zu 17 Gäste beherbergen kann. Sie liegt 1830m über dem Meeresspiegel, in Sichtweite des Gamsbergs, 17km Luftlinie von ihm entfernt.


Abb. 2: Die Strichspuren um den Himmelssüdpol zeigen, dass die Sterne sich auf Hakos dem Horizont nähern, ohne dabei merklich schwächer zu werden. (Beide Aufnahmen: Martin Quaiser)
 

Eigentümer der Farm ist Walter Straube, der sie zusammen mit seiner Tochter Waltraud bewirtschaftet. Walter Straube war 25 Jahre für die Station des MPIA auf dem Gamsberg tätig und ist dadurch mit Astronomen und ihren Bedürfnissen bestens vertraut. Unserem Projekt, auf Hakos eine Sternwarte zu errichten, stehen Vater und Tochter Straube mit viel Sympathie gegenüber.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass auf Hakos schon seit Jahren eine kleine Sternwarte mit abfahrbarem Dach vorhanden ist. Darin befindet sich ein Celestron 8 auf einer äußerst stabilen Zeiss-Montierung, die aber leider keinen Deklinationsmotor besitzt und daher für die Astrophotographie nur bedingt geeignet ist. Daneben gibt es noch stabile Säulen mit Anschlussmöglichkeiten für die verbreiteten GP/GPDX-Montierungen von Vixen (s. Sebastian Voltmer: „Astro-Urlaub auf der Farm Hakos in Namibia“, SuW 38, 994 [11/1999]).

Einen bestens geeigneten Platz für die Aufstellung vereinseigener Teleskope gibt es etwa 200m vom Farmgebäude entfernt. Nahe genug also, dass man ihn auch nachts problemlos zu Fuß erreichen kann. Andererseits ist er so weit vom Farmgebäude entfernt, dass die nächtlichen Sterngucker unbehelligt von den „nicht-astronomischen“ Gästen auf der Farm ihrer Arbeit nachgehen können. Der Platz liegt auf einer kleinen Anhöhe (siehe Abb. 1), was den nächtlichen Temperaturabfall vermindert, und bietet einen 360°-Rundblick. Der Horizont ist niedrig, er liegt in keiner Richtung höher als 5°.

Was wurde bisher erreicht?

Mehrere Mitglieder waren inzwischen in Namibia, um den Gamsberg und seine Umgebung kennenzulernen. 1998 haben einige von uns über einen Zeitraum von zwei Wochen vergleichende Seeingmessungen auf dem Gamsberg und auf Hakos durchgeführt. Obwohl dieser Zeitraum nur kurz war, so hatte sich doch gezeigt, dass auf Hakos häufig sehr gutes Seeing anzutreffen ist. Allerdings ist zu erwarten, dass die atmosphärische Extinktion auf dem Gamsberg etwas geringer und gleichmäßiger ist als im Unterland.

Aber dennoch konnte auf Hakos in vielen Nächten die Milchstraße bis zum Horizont verfolgt werden. Und wenn das Milchstraßenzentrum im Zenit stand, leuchtete es so hell, dass man einen Schattenwurf beobachten konnte! Fast in jeder Nacht erlebten wir den Auf- und Untergang der Sterne so, als würden sie an- und ausgeschaltet wie eine Lampe! Dies demonstriert Abb. 2 sehr eindrucksvoll!

Aktuelle Projekte

  • Die Anschaffung einer 260kg schweren deutschen Montierung mit zwei 325-mm-Schneckenrädern war die erste Investition des Vereins. Sie soll beim Erscheinen dieses SuW-Heftes auf der Farm Hakos installiert und betriebsbereit sein. Sie wird dann ein C14 tragen, das Wolf-Peter Hartmann zur Verfügung gestellt hat.
  • Unser größtes Projekt ist ein 70-cm-Teleskop, das am MPIA gebaut wurde, um auf dem Gamsberg aufgestellt zu werden. Das MPIA hat dem Verein das bis auf die Optik und die Elektronik fertige Teleskop überlassen, damit dieser es fertigstellen lässt, um es danach in Namibia, wenn möglich, auf dem Gamsberg, in Betrieb zu nehmen. Zwei weitere Teleskope werden dem Verein von Mitgliedern zur Verfügung gestellt:
  • Eine von Karl-Ludwig Bath entwickelte 45-cm-Astrokamera (f/3.6) mit englischer Rahmenmontierung. Ihre kleinere Schwester wird von den Sternfreunden Breisgau e.V. auf dem Schauinsland bei Freiburg betrieben (s. K.-L. Bath: „Eine neue Astrokamera“, SuW 36, 782 [8-9/1997]).
  • Ein azimutal montierter 80-cm-Hypergraph wird dem Verein zeitweise von Philipp Keller und Wolf-Peter Hartmann zur Verfügung gestellt. Er kann sowohl für photographische Zwecke im Primärfokus (f/4) als auch visuell oder photographisch im Nasmyth-Fokus (f/14.6) betrieben werden.

Ausblick

Durch die IAS wird es den Amateurastronomen erstmals ermöglicht, mit Teleskopen bis zu 80cm Öffnung den Südsternhimmel zu beobachten. Das Celestron 14 wird voraussichtlich beim Erscheinen dieses Heftes auf Hakos in Betrieb sein. Wie aus dem erwähnten Beitrag von Hans Elsässer hervorgeht, ist das Gamsberg-Plateau nach wie vor im Besitz der Max-Planck-Gesellschaft. Wir hoffen, in Absprache mit dem Heidelberger MPI für Astronomie, eines oder zwei der beschriebenen größeren Projekte der IAS auf dem Gamsberg realisieren zu können. Diese werden dann an einem der besten Beobachtungsplätze stehen und zu den attraktivsten für Amateure zugänglichen Instrumenten der Welt gehören.

Die Mitgliedschaft in der IAS steht allen interessierten Sternfreunden offen, Anfängern wie „alten Hasen“. Interessenten können sich melden in der Geschäftsstelle des Vereins:

Dieter Kaiser
Bichler Strasse 46
D-81479 München
E-mail-Adresse: Geschaeftsstelle@ias-observatory.org

Dieser Artikel wurde zusätzlich veröffentlicht in:
Mitteilungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft Namibia 41 [10-12/2000] S. 25ff


Anmerkung von uns (Farm Hakos):

  • Alle Berichte wurden wie veröffentlicht übernommen.