Farm-Geschichte

Walter Straube

Gründer der Hakos-Astrofarm

Walter wurde 1937 in Windhoek, Südwestafrika  geboren.  Er gehört zur ersten Generation die Südwestafrika, das heutige Namibia, als ihre Heimat betrachten.  Seine Eltern stammten aus Schlesien/Deutschland und sein Vater kam 1904, seine Mutter 1936 in das Land.  Walters Vater kaufte 1938 die benachbarte Farm Hohenheim.

Die Schulzeit verbrachte Walter in Windhoek und die Ferien auf der 130 km entfernten Farm.  Seine Lehrzeit absolvierte er bei der Windhoeker Maschinenfabrik und vollendete seine Ausbildung als Schlosser & Schweißer.  Es packte ihn die Reise- und Entdeckungslust;  dies führte ihn knapp ein Jahr lang nach Deutschland.  Walter heiratete Elisabeth 1960 und es wurden ihnen 4 Kinder geschenkt.  Vier Jahre lebten sie in Walvis Bay, wo Walter bei einer Schlosserwerkstatt tätig war.  1966 zog die Familie auf die Farm Hohenheim.  Unermüdlich baute er die Farm auf:  Zäune spannen, Pads (Fahrwege) bauen, Dämme schieben, Bohrlöcher schlagen, Schaf- und Rinderzucht, bauen, reparieren … ‘Farmer’ ist wohl der vielseitigste Beruf den es gibt.  Dazu gehört Unabhängigkeit und Selbständigkeit, d.h. in jeder Lebenssituation ‘einen Plan machen’ – und darin war Walter ein wahrer Meister!

Walter war weiterhin intensiv mit dem Aufbau und der Instandhaltung des Gamsberges verbunden, wo das Max Plank Institut eine Sternwarte betrieb.  1984 kaufte er die Nachbarfarm Hakos dazu, denn Walter hatte eine Vision:  eine Gästefarm mit Schwerpunkt Astronomie!  Innerhalb von 10 Jahren baute er selbst die Gästefarm aus, deren Türen sich 1998 öffneten.  Hakos hat seinen besonderen Reiz bei Astronomen und Naturliebhabern gefunden.  Zusammen mit Waltraud und Friedhelm bewirtschaftete Walter die Gästefarm Hakos sowie die Rinderfarm Hohenheim und bis zuletzt kümmerte er sich intensiv um die Wasserversorgung.  ‘Abtreten’ war für Walter ein Fremdwort und so baute er unentwegt an seinem Lebens- und Meisterwerk weiter, seiner ‘Universität’.  Ein Gast bestätigte:  ‘Walter gehört zum Urgestein Namibias’.

‘Warum den Blick in die Ferne schweifen, das Glück liegt doch so nah!’  Diese Lebenseinstellung schenkte Walter die Kraft und Zuversicht um so manche schwere Zeit zu überbrücken.

Sein Leben stand nie still.  Walter war voller Ideen und Lebensenergie und meinte er müsse mindestens 150 Jahre alt werden um diese umzusetzen.  Mit 78 Jahren wurde Walter aber aus der Mitte seiner Familie und dem Leben gerissen –

…  Walter’s Lebenskreis hat sich geschlossen  …

Einzigartig war Walter – mit Weitblick, Umsetzungsstärke und einem unerschütterlichen Humor mit dem er so viele Jahre selbst seiner Krankheit trotzte.  Walter’s Stärke lag nicht im Philosophieren aber im konkreten Anpacken!  Furchtlos und unermüdlich war sein Tatendrang und Schöpfergeist sein ganzes Leben lang – bis zuletzt.  Tüchtig und fähig, – ein Menschenschlag zähen Blutes!  Sein Lebenswerk ist sichtbar, greifbar – wohin man auf Hakos und Hohenheim auch schaut, alles trägt seine Handschrift.  Er war Farmer – mit Leib und Seele;  er liebte die Metallarbeit;  er liebte das Arbeiten mit seinem Traktor;  Walter genoss die Natur, den Sonnenuntergang und das prasselnde Lagerfeuer, den Klang der Mundharmonika und das Singen;  er hatte eine grosse Hilfsbereitschaft und sein Homor begleitete ihn bis zum Lebensende.  Walter liebte das Leben – und dieses lebte er in aller Fülle.

Ganz wichtig waren für Walter die Naturelemente Sonne, Mond und der Sternenhimmel.  Besinnlich verabschiedete er jeden Tag mit dem Sonnenuntergang – er hatte eine besondere Beziehung zur Sonne.  Der Mond war ihm ein steter Wegweiser für Wetterwechsel, Wolken und Regen – existenzprägend für den Farmer.

So reitet Walter auf seinem Stern, der Sonne, – und mit jedem neuen Tag strahlt seine Wärme in unser Leben!

In den Armen und der Liebe seiner Familie ist Walter eingeschlafen

Ruhe in Frieden

29.1.1937 – 28.9.2015

Walter’s Grabstätte auf der Farm mit Sternstrichspuren um den Himmelssüdpol (Bild: Elmar Rixen)


Die Geburt der Astronomie in Namibia

Elisabeth Straube

Wir heirateten 1960 und ich begleitete meinen Mann Walter auf seine Familienfarm Hohenheim im Khomas Hochland in Südwestafrika, dem heutigen Namibia.  Walter hatte seine Ausbildung als Schweißer und Schlosser bei der Windhoeker Maschinenfabrik abgeschlossen.  Ich hatte gerade meine Ausbildung in Deutschland im Bereich Hauswirtschaft für Hotels, Krankenhäuser und große Institutionen abgeschlossen.  Walters Eltern farmten mit Rindern und Karakulschafen und überließen uns die Schafherde.  Im ersten Jahr allerdings, tauchte in Namibia die Maul- und Klauenseuche auf und der Handel mit Vieh kam zum Erliegen.  Inzwischen hatten wir unser erstes Kind bekommen und da wir uns von der Farmerei nicht versorgen konnten, zogen wir nach Walvis Bay, wo es Walter gelang einen Job  auf der Schiffswerft zu bekommen.  So zogen wir in unserem offenen Willys Jeep mit unserem Hausstand durch die Namib-Wüste.  Walter hatte unser Metallbett wie einen Dachgepäckträger auf den Jeep geschweißt.  Darauf lag die Matratze und darunter verstaut befanden sich der Kinderwagen, ein Tisch, zwei Stühle, zwei Koffer, eine Kühlbox mit eingelegtem Gemüse und zwischen den Sitzen unser 6-Wochen altes Baby in einem Karton … und es ging los.

Vier Jahre später, 1966, kamen wir mit drei Kindern, einem Traktor mit Anhänger, unserem Willys Jeep und einem neuen Chevrolet-Pickup auf die Farm zurück.  Während ich mich in Walvis Bay unserem Haus und den Kindern gewidmet hatte, arbeitete Walter viele zusätzliche Stunden und war sehr erfolgreich.  Zurück auf der Farm, ​​übernahmen wir den landwirtschaftlichen Betrieb.  Auch unsere Familie wuchs heran, nun komplett mit vier Kindern.

Das Jahr 1968 markierte eine neue Ära für unsere Familie, für Namibia und auch für die Wissenschaft auf internationaler Ebene.  Deutsche Astronomen hegten schon seit 60 Jahren den Traum, ein Observatorium in der südlichen Hemisphäre zu haben.  Dies war jedoch nur in einer großen Forschungsorganisation möglich, und jetzt übernahm das Max-Planck-Institut (MPI) für Astronomie in Heidelberg/Deutschland dieses Projekt. Es musste aber der best geeignete Standort in der südlichen Hemisphäre mit optimalen Licht- und Klimabedingungen erkundet werden.  Chile, Argentinien und Australien wurden in Betracht gezogen, doch nach den ersten Studien erwies sich der Gamsberg in Namibia als optimaler Standort.

Haarnadelkurven der Gamsbergauffahrt

Es war ein beachtliches Unterfangen.  Der Gamsberg ist der dritthöchste Berg Namibias mit 2347 m ü.d.M und thront wie ein Inselberg mit seinen steilen Granithängen und einer 30 m dicken Quarzitschicht über der Grossen Randstufe.  Da sich der Gamsberg in unmittelbarer Nähe zu unserer Farm ​​befindet, wurde Walter beim MPI angestellt.  Die Entwicklung erfolgte von 1970 bis 1972:  zunächst musste eine Pad (Straße) gebaut werden, gleich einer Serpentinenbahn mit Haarnadelkurven und einer letzten Steigung von 52% durch die Quarzitschicht.  Anschliessend wurden zwei Häuser, eine Werkstatt und zwei Sternwarten auf dem Gamsbergplateau von 2,4 Quadratkilometern errichtet.  Wasser und alles notwendige Material musste per Land Rover den Berg hinauf gefahren werden.  Da die Strecke so steil war, schweißte Walter den für Häuser und Sternwarten bestimmten Baustahl an den Laderahmen des Fahrzeugs, um ein Abrutschen zu verhindern.  Es gab nichts, was Walter nicht tun konnte – er machte immer einen Plan!  Derweil ging auch unsere Farmerei weiter und so habe ich u.a. Schafe gezählt, mit Farmarbeitern gearbeitet, Haus und Hof versorgt, Astronomen untergebracht und mich um unsere Familie gekümmert … alles endlose Aufgaben … aber ich liebte dieses Leben!

Während die Gamsberg-Sternwarten von Max-Planck-Berufsastronomen besetzt waren, kamen die ersten Astroamateure auf unserer Farm an, um den Nachthimmel zu studieren und zu fotografieren.  Dies war der Beginn unserer Gästefarm mit nur drei einfachen Zimmern, die vermietet werden konnten.  Astronomen blieben für 2-3 Wochen.  Zu den ersten die kamen, gehörte Dr. Hans Vehrenberg, ein renommierter Amateurastronom, Teleskophändler, Autor und Herausgeber, um seinen Astronomischen Atlas der südlichen Hemisphäre zu vervollständigen, während er seine Beobachtungen von den von Walter erbauten Teleskopplattformen ausführte.  In den trockenen Wintermonaten mit klarem Himmel war in den nächsten 20 Jahren ein reges Treiben.  Astronomen kamen hauptsächlich aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.  Uns wurde eine neue Welt eröffnet … mit faszinierenden Entdeckungen von Sternen, Planeten und Galaxien – jenseits von allem, was wir uns vorstellen konnten. Die visuellen Beobachtungen am Fernrohr und die Fotografien vom Nachthimmel waren überwältigend. Walter wurde bald selbst zum begeisterten Astrofotografen, während ich die Begegnungen und Gespräche mit den Astronomen genoss, von denen viele Freunde der Familie wurden.

Walter und ich reisten 1975 nach Deutschland und konnten die weitläufigen Forschungsobservatorien des Max-Planck-Instituts in Heidelberg besuchen.  Wir hatten auch das Privileg, das neueste und größte Teleskop der Firma Carl Zeiss in Oberkochen zu besichtigen.  Es war eine unglaubliche Erfahrung – das Teleskop war so groß, dass die Fertigungshalle viele Stockwerke hoch war, so dass wir als Menschen wie Ameisen daneben wirkten.

Im Jahre 1984 kam unsere benachbarte Farm, Hakos, auf den Markt.  Walter hatte eine großartige Vision – eine Gästefarm aufzubauen mit dem Schwerpunkt Astronomie!  Farm Hakos liegt auf der Grossen Randstufe Namibias mit sehr bergigem Gelände und ist nicht besonders für die Landwirtschaft geeignet, jedoch perfekt für die Astronomie. Walter kaufte die Farm.  Er hat zehn Jahre gebraucht, um die Gast-Infrastruktur aufzubauen – alles aus eigener Hand mit Hilfe von Landarbeitern und Häftlingen auf Bewährung – in vielerlei Hinsicht ein Neubeginn!  Das Farmhaus wurde renoviert.  Es wurden Zimmer mit Bad hinzugefügt und ein Essbereich mit Weitblick geschaffen;  ein Innenpool aus den Felsen gesprengt und Balkone mit weitem Blick über die Namib-Wüste errichtet.  Wir bauten auch ein Observatorium mit abschiebbarem Dach und einem Teleskop – dies wurde das ‘Hans Vehrenberg-Observatorium’ zu Ehren unseres allerersten und beliebten Astro-Gastes von 1970.  Die Hakos Gästefarm eröffnete 1996 ihre Türen mit 10 Gästezimmern und wurde zwei Jahre später als offizielle Gästefarm registriert.

Teleskopplattformen wurden errichtet und bald wurde das erste private Observatorium gebaut.  Aus Deutschland reisten die Astronomen heran.  Der vorherige Farmer hatte eine Schweinezucht – diese alten Schweineställe wurden zu Observatorien umgebaut, und 1999 wurde die Internationale Amateursternwarte (IAS) mit ihrem Stammsitz auf unserer Farm Hakos gegründet.  Unsere Tochter Waltraud engagierte sich im Gästegeschäft und wurde bald von ihrem zukünftigen Ehemann Friedhelm unterstützt.  Zusammen wuchsen wir in ein neues Zeitalter.  Astronomen aus aller Welt kamen mit ihren Teleskopen und Kameraausrüstungen an.  Es wurden weitere Gästezimmer gebaut, Observatorien hinzugefügt, Außenteleskopplattformen gebaut, der Essbereich erweitert und riesige fest installierte Teleskope wurden von der IAS hinzugefügt.  Da wir in jeder Hinsicht autark sind, wuchs die Herausforderung nicht nur für den Wasser- und Strombedarf, aber auch Computer und Internetzugang wurde ein wesentlicher Faktor für das Astro-Business und führte zu begehrten, ferngesteuerten Observatorien.

Heute, 22 Jahre später, besuchen Astronomen, internationale Studenten- und Studiosus-Reisegruppen sowie Selbstfahrer-Reisende unsere Farm Hakos. Wir haben jetzt 15 Gästezimmer, 4 private Observatorien, den IAS-Komplex mit 6 Observatorien, 10 Teleskopplattformen und 7 Remote-Observatorien.  Die Reisebranche in Namibia ist in den letzten 10 Jahren enorm gewachsen.  Wir haben zusätzlich einen stilvollen Campingplatz mit unglaublich schöner Sicht in die umliegende Bergwelt.  Gäste können auch unseren Planetenspaziergang genießen, der zum ‘Walter’s Point’ führt, mit einem fantastischen Blick in die weite Namib-Wüste und herrlichen Sonnenuntergängen.

IAS Kuppelsternwarte

Teleksope auf den Aussenplattformen

Die Ankunft des neuen IAS-Teleskops mit einem Spiegeldurchmesser von 80 cm macht Farm Hakos seit 2019 zum prominentesten Privat-Observatorium in der südlichen Halbkugel!

Waltraud und Friedhelm führen jetzt die Gästefarm und freuen sich ihre Gäste zu begrüßen – viele sind Familienfreunde geworden nach regelmäßigen Astro-Besuchen über 20 Jahre hinweg.  Während einige Astronomen ihr eigenes Teleskop mitbringen oder zur IAS gehören (jetzt über 100 Mitglieder), können andere auch astronomische Geräte von Hakos anmieten.  Reisende und Neulinge können am Abend eine ‘Einführung zur Sternenbeobachtung‘ mitmachen und an Teleskopbesichtigungen teilnehmen … denn, über Hakos liegt ein tiefer und strahlender Nachthimmel mit der Milchstraße die sich grandios über das Firmament erstreckt!

Walter hat seine Vision zu Lebzeiten konkretisiert! Er wurde als ‘Der Vater der Astronomie in Namibia’ bekannt und in unserem Universum gibt es einen Klein-Planeten, der seinen Namen trägt und wissenschaftlich als ‘WalterStraube (157015)’ bezeichnet wird.

geschrieben von Elisabeth Straube, 2019