Thomas Wahl und Heinz Kerner
Wenn die Sonne auf der Hakos-Gästefarm untergeht, schlägt für Menschen mit einem besonderen Faible das Herz vor Freude höher. Ihnen bietet sich am Himmel ein Anblick, von dem sie in Deutschland nur träumen können – die Rede ist von Sternenguckern.
Der Abend ist gerade eingebrochen. Und schon bewegt sich das Wellblechdach der Hakos eigenen Sternwarte. Gleich ist freie Sicht für die Teleskope der Gästefarm. Die Hobby-Astronomen Heinz Kerner und Thomas Wahl werden in dieser Nacht den begehrten Sternengucker-Platz besetzen. Die Touristen haben vorgesorgt und die Sternwarte gleich für ihren ganzen Urlaub gemietet. Hier oben auf 1832 Metern über dem Meeresspiegel und fernab von störenden Lichtquellen der Zivilisation, erhaschen sie einen einmaligen Blick auf die Welt der Sterne, Kometen und Planeten.
Ein monotones Summen durchdringt die abendliche Stille. Die Geräusche kommen von einem Motor, der die Teleskope gemäß der Erdrotation nachführt – ansonsten würde man sein Ziel am Himmel schnell aus den Augen verlieren. Dort oben herrscht ständige Bewegung. Wenn das der Laie auch nur schwer erkennt – der Sternenhimmel verändert sich von Minute zu Minute.
Die zwei Touristen wollen in dieser Nacht den Sternenhimmel sozusagen für die Menschheit konservieren. Alle Vorrichtungen sind getroffen. Thomas Wahl sitzt an seinem Laptop und gibt Anweisungen: „Du musst Jupiter in die Bildmitte ziehen“, sagt der Architekt aus Essen zu seinem Mitstreiter. Der Planet soll mittels einer Kamera auf dem Laptop aufgenommen werden. Da muss eben jedes Detail stimmen. Später werden die Aufnahmen digital bearbeitet und ins Internet unter www.th-wahl.de gestellt.
Leider gibt es an diesem Abend zu viele Störungen für eine gute Aufnahme des Planeten Jupiter. Ob es daran liegt, dass es mittags zu heiß war? Oder, dass der Kamin vom abendlichen Grillen noch störende Hitze ausstrahlt? Keiner weiß es, aber eins ist sicher: Zeit zum Schlafen gehen ist noch lange nicht. „Es gibt immer spannende Dinge am Himmel zu sehen“, sagt Heinz Kerner. Das treffe vor allem auf den Sternenhimmel der südlichen Halbkugel zu – ein seltener Anblick für den 50-jährigen Beamten beim Deutschen Wetterdienst aus dem Landkreis Celle.
Er macht seit seiner Kindheit die Nacht zum Tage. „Angefangen hat alles mit einem Kaufhaus-Teleskop für 100 Mark“. Das wurde ihm als Elfjähriger zu Weihnachten geschenkt. Seine Leidenschaft für die Sterne wurde geweckt. Mit 15 Jahren erfüllte er sich einen Traum: das erste selbst gebaute Teleskop. Kein Problem für den handwerklich geschickten Sternenanhänger – nach knapp einem Jahr war sein Spiegelteleskop fertig. „Ich war stolz wie Oskar.“
Das himmlische Hobby zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Kerner. Trotzdem sieht er es nicht so verbissen, wie manche seiner besessenen Kollegen: „Es geht auch mal ohne Teleskop“. Schwierig wird es natürlich, wenn gerade ein großer Komet à la Hale-Bopp die Erde passiert. Kometen sind das Steckenpferd von Kerner.
Die Hakos-Gästefarm ist unter den Sternenguckern bekannt. „Mehr als die Hälfte unserer Gäste sind Hobby-Astronomen“ sagt Friedhelm Hund vom Hakos-Team. Die Lage sei einmalig: Die Farm liegt in der Hakos-Gebirgskette zwischen Hochland und Wüste. „Es ist sehr trocken und wir haben wenige Wolken“. Die besten Voraussetzungen für einen ungetrübten Blick in den Himmel – zumindest im namibischen Winter. Im Sommer ist den Astronomen das Wolkenrisiko dann doch zu hoch.
Diese Lage macht sich auch der 1999 gegründete Verein „Internationale Amateur-Sternwarte (IAS)“ zu Nutze. Eine vereinseigene Sternenwarte entsteht direkt auf der Hakos-Farm in Sichtweite des Gästehauses. „Mehrere Teleskope sind bereits in Betrieb“ weiß Hund. Ein großes Teleskop soll noch folgen. Als weiteres ist ein zusätzlicher Standort auf dem benachbarten Gamsberg-Plateau geplant. Auf dem 2347 Meter hohen Tafelberg sollte ursprünglich eine Sternenwarte des Max-Planck-Instituts gebaut werden. Der Berg gehört heute immer noch dem Institut, den Zuschlag hat aber letztendlich ein Standort in Chile bekommen.
Hakos ein Mekka für Sternengucker? Eine Reisegruppe mit 20 ambitionierten Hobby-Astronomen aus Deutschland sieht das so. Eine Premiere: Die monatlich erscheinende Zeitschrift für Hobby-Astronomen „Sterne und Weltraum“ an der maßgeblich das Max-Planck-Institut für Astronomie beteiligt ist, bot zum ersten Mal eine knapp zweiwöchige Reise nach Hakos an. „Der Zulauf war enorm“ blickt Reiseleiter Joachim Biefang zurück. Nicht alle Interessierten konnten untergebracht werden. Dafür seien im nächsten Jahr gleich zwei Reisen geplant.
Der Reiseleiter hat gleich seine selbstgebaute mobile Sternenwarte mitgebracht. „Sie ist 16000 Euro wert“ so Biefang. Der Transport der 60 Kilo schweren Anlage habe mit Air Namibia gut geklappt. Am Zoll hätte er dafür zwar eine Stange Geld als Sicherheitsgebühr hinterlegen müssen, damit er das Gerät auch wieder ausführt. Nach einer kurzen Erklärung hätten die Zollbeamten aber darauf verzichtet.
Biefang stellt das Teleskop auf die Terrasse der Gästefarm, montiert einen Filter vorne drauf und schon ist es tagestauglich. Der Beobachter kann damit direkt in die Sonne blicken und sieht die Sonnenflecken oder die mächtigen Protuberanzen, das sind heftige Explosionen von Wasserstoffgas. So zeigt sich im wahrsten Sinne die Sonnenseite des Teleskops. Biefang ist beim Anblick der gigantischen Gaskugel Sonne hin und weg: „Das ist einfach fantastisch“.