SuW Besuch auf Hohenheim

„Sterne und Weltraum-Besuch“ bei Walter Straube auf der Sternwarte Hohenheim

Rainer Gorißen und Markus Wollgarten

Sterne und Weltraum 28 [3/1989] S. 182-183

Die Milchstraße durch ein achtfaches Neutralfilter sehen, das aschgraue Mondlicht schon beim Aufgehen und Venus mit bloßem Auge beobachten, wenn die Sonne fast im Zenit steht, das sind Beobachtungen, die in Deutschland unmöglich sind.

Abb. 1: Der Ausblick des Ost-Horizontes am Morgen des 16. März 1988. Über See und Windrad der Farm
ist die enge Mond-Merkur-Konjunktion zu sehen

Abb. 2: Ein Blick auf die Beobachtungsplattform mit dem C8

Um den eher mäßigen Beobachtungsbedingungen unserer Breiten zu entfliehen, sind wir, das sind Frank Thielen, Rainer Gorißen und Markus Wollgarten, Mitte März letzten Jahres nach Südwestafrika geflogen.

Dort liegt etwa 100 km in südwestlicher Richtung von der Hauptstadt Windhoek entfernt die Farm Hohenheim. Eigentümer des etwa 10000 ha großen Farmlandes ist Walter Straube, der hier Viehzucht betreibt. Die Farm bietet mancherlei Vorzüge. Einer liegt darin, daß man dort Zimmer mieten kann. Ein weiterer, aber nicht zu unterschätzender Vorzug ist die dort befindliche Sternwarte. Diese wurde Anfang der siebziger Jahre durch Herrn Dr. Vehrenberg und Herrn Straube gegründet. Dazu wurde ein bereits bestehender Turm mit einem Schiebedach und einem fest montierten achtzölligen Schmidt-Cassegrain-Teleskop einer bekannten amerikanischen Firma ausgestattet. Das Teleskop mitsamt dem Zubehör wurden von Herrn Dr. Vehrenberg zur Verfügung gestellt.

Abb. 7: Der Beobachtungsturm auf der Farm Hohenheim

Allerdings das Beste, was diese Sternwarte zu bieten hat, sind die dortigen Beobachtungsbedingungen. Die Gegend ist so dünn besiedelt, daß „Lichtverschmutzung“ hier im Fremdwörterlexikon stehen sollte. Dazu kommen eine Höhe von 1780 Meter ü,N.N. und eine äußerst geringe Luftfeuchtigkeit.

Das alles führt dazu, daß man bereits mit bloßem Auge einzigartige Beobachtungen machen kann. Der Auf- und Untergang der Sterne wirkt wie das Ein- und Ausschalten von Taschenlampen: Horizontdunst gibt es praktisch nicht. Deshalb ist es möglich, einen vollständigen Mondaufgang zu verfolgen.

Zunächst geht der sonnenabgewandte Teil mit den vom Erdlicht beleuchteten Maria auf. Dann folgen die Sichelspitzen und schließlich ist der Mond ganz zu sehen. Daß am Morgen des 16. März Merkur gleich daneben stand, erhöhte natürlich den Beobachtungsgenuß.

Die Sterne, insbesondere die Milchstraße, werfen Schatten, von Venus ganz zu schweigen. Wem das nicht reicht, der nehme einen Feldstecher und durchforste den Himmel nach Sternhaufen und Nebeln.

Besonders eindrucksvoll ist schließlich der Blick durch das Teleskop. Omega Centauri, der größte und hellste Kugelsternhaufen am gesamten Himmel, erscheint bis ins Zentrum aufgelöst und erinnert an die Aufnahmen bekannter Observatorien. Wasserstoffgebiete, wie die Gasnebel im Orion oder Eta Carinae, sind bis in schwache Ausläufer zu verfolgen. Die Liste läßt sich beliebig lange fortsetzen. Der Himmel, der sich dem Astrophotographen hier erschließt, ist nach diesen Beschreibungen wohl gut zu erahnen. Bei langen Belichtungszeiten bis in Horizontnähe ist aber Vorsicht geboten: Durch die Refraktion werden die Sterne am Bildrand zu Strichen verzogen. Dieses Problem gibt es in unseren Breiten ja (leider) nicht.

Abb. 8: Mond und Merkur. Aufgenommen mit dem C8 fokal (2000 mm). 10 Sekunden auf Fujichrome 100 am Morgen des 16. März 1988

Abb. 9: Vor jeder Beobachtungsnacht muß man sich natürlich stärken. V.l.n.r.: Richard Vermeulen, Markus Wollgarten, Rainer Gorißen, Walter Straube und Frank Thielen

Erfreulicherweise ist die Ausstattung des Teleskopes mit Zubehör so umfangreich, daß praktisch nur die Kameras mitgebracht werden müssen. Unterhalb der eigentlichen Beobachtungsplattform befinden sich noch weitere Räume. Einer davon läßt sich ohne Schwierigkeiten in eine Dunkelkammer verwandeln. Geräte zur Filmverarbeitung und die nötigen Chemikalien muß man allerdings selbst mitbringen.

Auch am Tage braucht man nicht untätig zu sein, sondern kann sich einen Spaß daraus machen, helle Objekte am Himmel zu suchen. Venus ist selbst zur Mittagszeit mit bloßem Auge sichtbar. Bei Jupiter erkennt man im Teleskop die Äquatorbänder, aber auch Merkur und einige helle Sterne sind ebenfalls gut im Teleskop zu sehen.

Während unseres Aufenthaltes ging gerade die Regenzeit zu Ende. Deshalb gab es auch schon mal ein paar bewölkte Nächte. Das hat aber auch seine Vorteile, denn dann kann man vermißten Schlaf nachholen oder die wunderschöne Umgebung erkunden.

Ja, und wer dies alles nicht glaubt, fliege hin und überzeuge sich selbst!

Abb. 3: Milchstraßenzentrum/Skorpion am 19.3.1988. Belichtungszeit 1.5 Stunden auf TP 2415 hyp. mit 50-mm-Objektiv

Abb. 4: Vela Supernovaüberrest am 18.3.1988. Sonstige Daten wie bei Abb. 3. Objektiv jeweils 1:1.6 abgeblendet auf 1:2.8

Abb. 5: HII-Region bei Zeta-Scorpii. 30 min auf Fujichrome 100 mit 135-mm-Objektiv 1:2.8 belichtet

Abb. 6: Eta-Carinae-Region. Daten wie bei Abb. 5